Er ist zweifellos die wichtigste Sehenswürdigkeit der alten Hansestadt Schwerte: der vergoldete Antwerpener Flügelaltar in der evangelischen Stadtkirche St. Viktor am Markt. In den größten Kriegswirren hat er seinen Standort seit dem 16. Jahrhundert niemals verlassen, war immer für die BewohnerInnen Schwertes da. Diese 500 Jahre will die evangelische Kirchengemeinde gemeinsam mit der ganzen Stadt gebührend feiern. Stadtkirchenfarrer Tom Damm stellt die Festlichkeiten im Nachfolgenden vor:
Das Festprogramm
Im frühen 16. Jahrhundert fasste sich die Schwerter Bevölkerung ein Herz und traf eine folgenschwere, großartige Entscheidung. Getragen von Stadt und Kirche und den damals 1200 Einwohnern der Stadt wurde die Kirche im gotischen Stil ausgebaut. Zuvor schon waren der Turm und andere Erweiterungen an die schon viele Jahrhunderte existierende Kirche hinzugekommen. Nun aber baute man im Westen der Kirche den Chor an, fertig gestellt im Jahr 1509. Dann gab man in den europaweit führenden Altar-Werkstätten und Manufakturen im belgischen Antwerpen den Doppelflügelaltar in Auftrag. Er wurde im Frühjahr 1523 aufgestellt und an Ostern 1523 feierlich eingeweiht. Er hatte die Menschen von Schwerte ein großes Vermögen gekostet, und sie waren stolz auf das neue Zeichen ihres Wohlstandes, das neue geistliche Prinzipalstück, ihren goldenen Altar.
Duie Menschen stehen heute immer noch beeindruckt und begeistert, demütig und voller Dankbarkeit vor diesem unschätzbar wertvollen Meisterstück, das gehgt und gepflegt sowie instand gehalten wird, das die Gottesdienste adelt und geistlich bereichert, das über das Jahr und Kirchenjahr hinweg immer wieder anders wirkt und zu allen spricht: halb geklappt in der Adventszeit, vollständig geklappt in der Passionszeit mit der feierlichen Öffnung an Ostern, und über den Rest des Jahres hinweg offen sichtbar in all seiner Pracht.
An Ostern dieses Jahres wird der Altar, der seinen Ort nie verlassen hat, der den Bildersturm der Reformation und zwei Weltkriege unbeschadet überstanden hat, 500 Jahre alt: Grund für uns, dieses geistliche Prachtstück in den Mittelpunkt eines kleinen Festprogramms zu stellen und ihn entsprechend zu würdigen.
Schon im Wintersemester begann das Programm mit einem kunstgeschichtlichen Universitäts-Seminar der Uni Dortmund unter der Leitung von Dr. Niklas Gliesmann, und die spannenden Ergebnisse wurden im Februar in St. Viktor vorgestellt.
Am 19. Februar wurde im traditionellen Brand- und Bettagsgottesdienst der Rettung der Kirche vor den drei verheerenden Feuersbrünsten im ausgehenden 17. Jahrhundert gedacht.
Benefizkonzert mit feierlicher Altar-Öffnung
Am Karsamstag, 8. April 2023, findet um 17 Uhr unter dem Titel „Von Passion bis Ostern“ ein Benefizkonzert statt. Nicht nur namhafte Musikerinnen und Musiker, Sängerinnen und Sänger aus Schwerte geben sich die Ehre, sondern auch Mitarbeitende der Gemeinde, die befugt sind, die Flügel des Altares zu klappen; ein beeindruckendes Unterfangen, das mit Sachkenntnis und Vorsicht vonstatten gehen muss.
So wird der Antwerpener Altar in mehreren Schritten aufgeklappt. Dazu werden Arien von Bach (u.a. „Erbarme dich“ aus der Matthäuspassion) gesungen sowie Kammermusik und Orgelmusik gespielt. Die Bewegung dieses optisch und akustisch interessanten Konzertes ist die Reise aus der Passionszeit (schlichte Altar-Ansicht) hinein in den Jubel des Ostermorgens (prächtige, goldene Ansicht des Altars). Mitwirkende sind Simone Asua-Honert (Gesang), Diana Schneider (Violine), Gisela Halbach (Querflöte) und Kantorin Clara Ernst (Orgel und Cembalo). Der Eintritt ist frei, Spenden werden erbeten. Alle Einnahmen fließen in die Instandhaltung des Altares.
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Ulrich Halbach hat viele Jahre die Kinder aus den Erstkommunion-Gruppen der Pfarrgemeinde St. Marien durch die Viktor-Kirche geführt.
Kirchenführungen
Im Rahmen des Jubiläumsprogramms lädt die ev. Gemeinde gleich zu mehreren Kirchenführungen herzlich ein. Der zertifizierte Kirchenführer Ulrich Halbach bietet folgende Themen und Termine an: Ostersonntag im Anschluss an den Festgottesdienst und dem Sektempfang im Foyer des Gemeindezentrums wird Ulrich Halbach gegen 12.30 Uhr den Antwerpener Altar näher erklären und dabei auf die Entstehungsgeschichte und einige Geschichten rund um den Jubilar eingehen.
In der Osterwoche wird es zwei weitere Führungen geben. Am Mittwoch, 12. April, um 11 Uhr wird es eine Kirchenführung geben, die den gesamten sakralen Raum von St. Viktor in den Blick nimmt, dem Antwerpener Altar aber eine besondere Würdigung zukommen lässt.
Und am gleichen Tag um 17 Uhr wird es eine ausführliche Kirchenführung geben, die das Thema haben soll “Wie katholisch ist St. Viktor?”
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Schulprojekt: Jugendliche gestalten Kunst zum Altar
Der Antwerpener Altar spricht auch Jugendliche durchaus an, er fordert sie aber auch heraus. Denn er reizt jede Generation neu, die monumentale Sprache der goldenen Figuren zu übersetzen in unser heutiges Erleben. Aus solchen Überlegungen ist die Idee des Schulprojekts entstanden. Es soll dabei darum gehen, den Altar schöpferisch sich anzueignen und weiterzudenken. Die ev. Gemeinde hat mit den Religions- und Kunstlehrern der vier weiterführenden Schulen Kontakt aufgenommen und ist überall auf Interesse gestoßen. Mehrere Gruppen von Schülerinnen und Schülern haben den Altar besichtigt. Auch die Konfirmandinnen und Konfirmanden der Gemeinde befassen sich mit dem Thema. Man weiß schon jetzt von ersten überzeugenden künstlerischen Gestaltungen, d ie Gemeinde istgespannt, was noch kommt. Alle eingehenden Arbeiten werden in geeigneter Weise ausgestellt oder veröffentlicht. Genaues kann man dazu erst sagen, wenn die Ergebnisse vorliegen. Wenn Jugendliche von dem Projekt in der Schule noch nichts gehört haben, aber sich dafür interessieren, sollen sie sich an Gernot Folkers wenden (gfolkers@web.de). Neben künstlerischen Aneignungsformen sind auch textliche, erklärende, poetische Arbeiten sinnvoll.
Der Altar und die Kinder Für Kinder im Grundschul- und Kindergartenalter wird im Frühjahr ein Ausmal-Blatt mit den Konturen und Fächern des Antwerpener Altars erscheinen. Als Mitwirkende der Stadtkirchenarbeit und Lehrerin ist Mareike Lloyd ist zurzeit mit dem künstlerischen Entwurf der Malvorlage befasst. Teilnehmende Kinder können in der Zeit nach Ostern ihre fertigen Interpretationen in St. Viktor ausstellen. |
Vortrag: Die Alabasterfiguren in der Altar-Predella
Die Predella, also der untere Teil des Antwerpener Flügelalatars, birgt eine Reihe von Alabasterfiguren, die eine bewegte Geschichte hinter sich haben. Kunsthistoriker Dr. Niklas Gliesmann, Dozent an der Uni Dortmund und regelmäßiger Gesprächspartner in St. Viktor in Sachen Kunstschätze, wird in die Thematik einführen. Denn vor einiger Zeit konnten diese Alabasterfiguren in ein internationales Forschungsprojekt einbezogen werden. Es hatte zum Ziel, im Zusammenwirken naturwissenschaftlicher Forschung, historischer Quellenkunde und kunsthistorischer Fachgeschichte, mehr zur Materialität einer ganzen Reihe von Alabasterfiguren in Europa und darüber hinaus herauszufinden. Die durchaus spektakulären Ergebnisse liegen inzwischen vor. Der Vortrag wird diese Erkenntnisse für die Schwerter Figuren und verwandte Kunstobjekte einordnen. Dr. phil. Niklas Gliesmann, studierte Kunstgeschichte und Philosophie und kam 2012 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Seminar für Kunst und Kunstwissenschaft der TU Dortmund. Er hat mehrere Workshops und Tagungen in St. Viktor begleitet. Der Vortrag findet am Mittwoch, 19. April, um 19 Uhr im Gemeindezentrum St. Viktor statt. Der Eintritt ist frei.
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Neue Postkarten von St. Viktor
Vor Ostern werden vier neu erstellte Postkarten mit Ansichten vom Antwerpener Altar sowie von der St. Viktor-Kirche in den Auslagen am Kircheneingang zum Mitnehmen ausliegen. Damit geht die Gemeinde auf zahlreiche Nachfragen ein, insbesondere in den Zeiten der Offenen Kirche (mittwochs und samstags, 10 bis 13 Uhr). Gegen eine Spende dürfen Besucherinnen und Besucher ein oder mehrere Postkarten mitnehmen.