Schwerter Forum: Jüdisches Leben in Schwerte

Im Bildungswerk der Pfarrgemeinde St. Marien, dem „Schwerter Forum“ geht es im Oktober um das jüdische Leben in Schwerte. Zwei ausgewiesene Experten stelen ihre Forschungsarbeiten vor: am Donnerstag, 10. Oktober, ab 19.30 Uhr im Pfarrheim von St. Marien an der Goethestraße. Zu Gast sind dann der Lokaljournalist und Historiker Alfred Hintz und der Geschichtslehrer am Friedrich-Bährens-Gymnasium, Dr. Lars Reinking. Der Eintritt ist wie immer frei.

„Ohne Meldung unbekannt verzogen – Jüdische Mitbürger und Mitbürgerinnen in Schwerte“ und „Die jüdische Gemeinde in Schwerte – Vom Kaiserreich bis zur NS-Herrschaft“ lauten die Überschriften der Forschungsergebnisse des ehemaligen Westfälische-Rundschau-Redakteurs Alfred Hintz. Vom Kaiserreich über die Weimarer Republik bis zur NS-Herrschaft spannt der Vortrag von Hintz einen Bogen über das Leben der jüdischen Gemeinde in Schwerte. Weniger bekannt ist bislang die Tatsache der vollen rechtlichen Gleichstellung der Juden, ihre soziale, wirtschaftliche und politische Integration in die Mehrheitsgesellschaft vor 1933. Im Kaiserreich und in der Weimarer Republik lebten Juden und Christen in friedlicher Nachbarschaft miteinander. Das wird anhand zahlreicher Beispiele verdeutlicht. Am Ende des langen Weges der jüdischen Emanzipation und Integration folgten unter der NS-Herrschaft Diskriminierung, Herabwürdigung zu einer minderwertigen Rasse, Ausgrenzung, Vertreibung und Tod.

Am 15. März 1943 wurde die vierköpfige Schwerter Familie Spiegel deportiert. „Ohne Meldung unbekannt verzogen“ notierte die Stadtverwaltung mit Datum vom 18. März 1933 hinter ihren Namen, nüchtern, bürokratisch, funktional. Deportiert nach Auschwitz – Symbol des Holocausts, der industriellen Auslöschung von sechs Millionen jüdischer Menschenleben. Hintz übernahm „Ohne Meldung unbekant verzogen“ als Buchtitel für seine Publikation.

„Wer war Heinz Mayer? – ein Schwerter Flüchtlingsschicksal im Nationalsozialismus“, das ist der zweite Theenkomplex des Abends, den Dr. Reinking bestreitet. Ausgehend von der durch Alfred Hintz nachgezeichneten Entwicklungslinie einer langen und friedlichen christlich-jüdischen Koexistenz in Schwerte fokussiert der zweite Teil des Vortrags ein historisches Einzelschicksal im Nationalsozialismus: das des jüdischen Rechtsanwalts Heinz Mayer.

In einer historischen Spurensuche folgen die Zuhörer der Familiengeschichte der Schwerter Familie Mayer. Diese betrieb am Markt eine Metzgerei, bevor sie im Jahr 1940 vor der NS-Verfolgung in die USA floh. Die vorgestellten Quellen basieren auf einem Schulprojekt des Friedrich-Bärens-Gymnasiums, das bislang unveröffentlichte Fotos und Dokumente aus dem Familiennachlass aufarbeitete, die der Sohn, Richard Mayer, zur Verfügung gestellt hat. Am Beispiel des Flüchtlingsschicksals seines Vaters gelingt es, den Prozess von Integration, einsetzender Entrechtung hin zu offener Verfolgung eines einst geschätzten und engagierten Bürgers exemplarisch nachzuzeichnen und ihn so in die Erinnerungsgemeinschaft Schwertes zurückzuholen.

Das Foto zeigt eine kleine Ausstellung mit den Forschungsergebnissen der FBG-Schüler um Dr. Reinking, die zu verschiedensten Anlässen schon gezeuigt wurden. (Foto: M. Krehl)