Gedanken zu Pfingsten: Der Friede sei mit Euch!

„Sende aus deinen Geist, und das Antlitz der Erde wird neu“ Was für eine Verheißung! Und noch so eine Verheißung, die untrennbar mit dem heutigen Pfingstfest verbunden ist: „Der Geist ist es, der lebendig macht!“

Zu Beginn haben wir uns gefragt, was wohl konkret an Pfingsten ist. In diesen Zitaten haben wir den Versuch einer Antwort: Neues entsteht nicht zuerst im konkreten Tun, sondern vielmehr aus einer Idee heraus, aus einer Neuausrichtung des Denkens – und daraufhin ändert sich dann das Tun. Die Aufforderung Jesu zur Umkehr meint ja auch nicht ein konkretes Sich-Umdrehen, sondern die Bereitschaft, anders zu denken, neu zu denken, anders, neu zu werten und anders bzw. neu zu verstehen.

Der Heilige Geist kommt über die Jünger, Kinderzeichnung von Jonathan (7).

Schauen wir auf die Jünger, wie sie uns in den heutigen Schriftlesungen gezeigt werden: Sie haben sich versteckt, sich eingeschlossen, sich isoliert, sie kommen einfach nicht damit klar, was sie mit Jesus erlebt haben, sie wissen nicht, wie es weitergehen soll.

Und dann geschieht das Neue, das Unerwartete: Im Evangelium heißt es, dass Jesus sie anhaucht und ihnen damit seinen Geist mitteilt. Hauch, Atem, Spiritus: Alles nicht fassbar, aber lebendig machend. Und in der Apostelgeschichte wird uns mitgeteilt, in welcher Heftigkeit eine solche Neuausrichtung passieren kann: Sturm und Brausen sind hier die Bilder für die Wendung – ebenso wenig greifbar wie Hauch und Atem, aber ebenso verändernd und in Bewegung setzend.

Dieser Geist ist es, der Veränderung ermöglicht. „Raus mit euch!“ ist die Botschaft an die Jünger, bewegt euch aus eurer Isolation heraus, auf die anderen zu, wagt Neues, geht über eure bisherigen Grenzen auch zu denen, die euch fremd sind und vor denen ihr euch vielleicht sogar fürchtet. „Raus mit euch!“ Bleibt nicht so selbstbezogen, sondern überschreitet Gewohntes und Vertrautes. Dieser Geist macht mutig! Und das Wunder geschieht: Es klappt!!! Die Jünger werden verstanden mit ihrer Botschaft! Und sogar die Fremdesten verstehen, was sie zu sagen haben!

Wenn an Pfingsten die Jünger rausgeschickt werden aus ihrem Eingeschlossensein, wenn Pfingsten der Beginn von Kirche ist, wie es oft gedeutet wird, dann ist Kirche nur dann Kirche, wenn sie nicht eingeschlossen und selbstbezogen bleibt, sondern wenn sie sich offen zeigt, auch Grenzen zu anderen zu überschreiten. „Vom Katholizismus zur Katholizität“, so fordert es der tschechische Theologe und Papstberater Tomas´ Halik, nicht immer zuerst zu fragen „Was ist gut katholisch?“ und  „Wie katholisch sind wir?“, sondern weg von der Selbstbezogenheit zu  einer wirklichen Weltgültigkeit (d.h. Katholizität)  und Anerkennung von Vielfalt. Im Glaubensbekenntnis bekennen wir die „eine heilige katholische und apostolische Kirche“, damit ist vom griechischen Wort her nichts anderes gemeint als die allumfassende, missionarisch weltumspannende Glaubensgemeinschaft.

Grenzüberschreitung der Kirche auf Fremdes hin, Mission, bedeutet dann nicht zuerst, Menschen für die katholische Kirche zu gewinnen, sondern zunächst und viel wichtiger Menschen zu öffnen für die Sinnfrage: Was ist es, was mich wirklich lebendig macht?? Welcher Geist bestimmt mein Denken und Handeln? Ist es der Geist, den Jesus als Beistand verspricht?

Jesus haucht die Jünger nicht nur an mit seinem Geist, er gibt sich ihnen zu erkennen mit einer sehr konkreten Begrüßung: „Der Friede sei mit euch!“  Heute können wir das zusammen sehen: Was Jesus verheißt, was Pfingsten bedeutet, ist die Aufforderung, in seinem Geist Neues zu wagen, Grenzen zu überschreiten und alle einzubeziehen in ein Miteinander des Friedens.

Text zu Pfingsten von Ursula Oelgemöller und Monika Hemcke, St. Monika Ergste